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Der Trend Geht Zur Zweit- Und Drittküche

Der Trend Geht Zur Zweit- Und Drittküche

Maßküchen. Offen, hell, puristisch, prunkvoll - der Ort zum Kochen ist Mittelpunkt des Hauses. Architektin Silke Pabelick zeigt, was möglich ist.

Ein Gang führt vom Entree in die Küche, nein, vielmehr ins Küchenhaus: ein eigenes Gebäude von etwa 80 Quadratmetern. Vor der deckenhohen Glasfront zum Garten steht eine Tafel mit 20 Stühlen, in der Mitte des Raumes die Kochinsel - vier Meter lang, die Türoberflächen sind aus gebeiztem Palisander gefertigt, die Arbeitsplatte aus bergischer Grauwacke. Ein transparenter Weinschrank, drei mal zwei Meter groß, dient als Raumtrenner.

Er ist eine Spezialanfertigung der Schweizer Firma Pendt, mit unterschiedlich temperierten Bereichen. Der Hausherr, ein Unternehmer aus dem Rheinland, möchte seine Weine nicht im Keller verstecken. Der Kamin neben der Tafel wurde aus Silberquarzit gefertigt. "Ich bin mit dem Kunden in den Steinbruch nach Südtirol gefahren, um alles vor Ort anzuschauen", erzählt Innenarchitektin Silke Pabelick. Sie ist die Gestalterin dieses maßgeschneiderten Küchentraums.
Gemeinsam mit Astrid Kölsche führt Pabelick seit neun Jahren das Studio a.s.h. in Köln, das in Sachen Küchen- und Essbereichgestaltung als eines der kreativsten in Deutschland gilt. Ihre Kunden: Unternehmen, Hotels, Bars, Restaurants und Privatleute, vor allem Männer. Für einen Energiekonzern gestaltete a.s.h. kürzlich eine Kantine im Stil von Alice im Wunderland. Bekanntester Kunde ist wohl Bestsellerautor und Hobbykoch Frank Schätzing, der schwärmt, Kölsche und Pabelick wüssten mehr über ihn als er selbst.

Den Kunden genau kennenzulernen, ihn zu "interpretieren", wie Pabelick sagt, steht am Beginn der Geschäftsbeziehung. Jeder verstehe schließlich etwas anderes unter Begriffen wie "pur", "elegant" oder "modern". Die Gestalterin fragt deshalb alle möglichen Vorlieben ab: den favorisierten Modedesigner, das Lieblingshotel, welche Bücher auf dem Nachttisch liegen, welcher Schmuck oder welche Uhr gern getragen wird.

Nur so wird deutlich, welche Bilder jemand im Kopf hat, wenn er von einer "minimalistischen" Küche spricht. Sind es weiße Lackoberflächen? Bauhaus-Formen? Oder versteht der Kunde darunter Landhausstil, bloß mit weniger Zierrat? Dann weiß die Innenarchitektin auch, ob dazu eine Ausstattung von Bulthaup oder Poggenpohl, von Minotti, Arclinea, Boffi oder Paxmann passt. Ob lieber Edelstahl zum Einsatz kommen sollte, Holz oder Kunststein - ein Mix aus Mineralien, der zu einer Platte gepresst wird.
Für Männer, die spätestens seit der Porsche-Design-Küche von Poggenpohl den Herd als ihr Territorium entdeckt haben, könne es oft gar nicht technisch genug sein, sagt Pabelick. Am liebsten würden sie alles per Touchscreen bedienen. Ein begehrtes Feature ist der sogenannte Installationsbus, ein elektronisches System, das über Smartphone oder Tablet gesteuert werden kann, um Lichtstimmung, Temperatur oder Musik im ganzen Haus zu regulieren. Frauen hingegen ginge es oft um Praktisches: Ist genug Platz für die Jura-Kaffeemaschine und die Kupfertöpfe? Kommen die Kinder gut mit der Einrichtung zurecht?

Sind diese Fragen geklärt, geht es ans Eigentliche: Was soll in der Küche zubereitet werden? Sind die Kunden Vegetarier? "Dann brauchen sie unbedingt einen Dampfgarer", so Pabelick. Lieben sie Fleischgerichte? "Dann empfehle ich einen japanischen Teppanyaki-Grill. Auf dem kann man mit wenig Fett braten und den Garzeitpunkt leicht bestimmen."

Der Besitzer des Küchenhauses im Rheinland kocht gern mit vielen Freunden. In seiner Küche soll der eine Gemüse schnippeln können, während der andere Salat wäscht und ein Dritter ein Blech abspült. Also war in diesem Fall ein Zweitbecken gefragt, und zwar eines, in dem man ein Blech nicht schräg stellen muss, sondern die XXL-Version. Damit sich niemand in die Quere kommt, wurde der Küchenblock so gesetzt, dass rundherum viel Platz ist. Zwei Kühlschränke und ein Vorratsraum mit verschiedenen Kühlzonen gehören zum Kochuniversum - quasi das Pendant zum begehbaren Kleiderschrank.

"Bei Kunden, die häufig Gäste haben, setzt sich der Trend zur Zweitküche durch", sagt Pabelick. Hinter einer Art Geheimtür lassen sie sich eine Vorbereitungsküche einrichten. Dort findet dann der größte Teil der Arbeit statt, dort darf geschält, gebrutzelt und gekleckert werden. Im repräsentativen, blitzblanken vorderen Raum schiebt man dagegen nur noch den Steinbutt in den Ofen, während die Gäste mit Champagner anstoßen. Eine Vorbereitungsküche ist zudem ideal für Kunden, die regelmäßig Caterer oder einen Profikoch mit der kulinarischen Begleitung einer Party beauftragen.
"Ich habe sogar schon drei Küchen in ein Haus gebaut", erzählt Pabelick. "Die Haupt- und die Vorbereitungsküche befanden sich in der Beletage der Villa, die dritte, die nur an Tagen mit schönem Wetter benutzt werden sollte, richteten wir eine Etage tiefer ein." Aufgrund der Hanglage des Hauses gelangt man aus dieser Sommerküche direkt in den Garten.

Wer für sonnige Tage eine Outdoor-Küche bevorzugt, dem empfiehlt die Innenarchitektin ein Modell des ostwestfälischen Herstellers Eggersmann. Der Clou: Alles ist integriert. Das Innenleben besteht aus Edelstahl, die Hülle aus Naturstein. "Man kann die Platten über Herd, Grill und Spüle schieben", erklärt die Expertin. So ist die Küche gut geschützt und kann sogar den Winter über draußen bleiben, bis sie pünktlich zur ersten Frühlingssonne zum Einsatz kommt. Auch im Küchenhaus der rheinischen Villa kommen gerade Frühlingsgefühle auf. Die Sonne bricht durch die Wolken. Die Glasfront gleitet auf Knopfdruck zur Seite, und vom Garten her weht der Duft vom Kräuterbeet herein - frische Inspiration zum Kochen.

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